Seit etwa 3,5 Milliarden Jahren gibt es Leben auf unserer Erde und bereits fünfmal in dieser Zeit kam es bisher zu großen Aussterbeereignissen. Diese Ereignisse haben sich im Vergleich zur Lebensspanne eines Menschen sehr lange vollzogen. Aktuell verschwinden jedoch genetische Vielfalt, Arten und Lebensräume so schnell, dass jeder mit einem offenen Blick dies hautnah miterleben kann. Das Anthropozän (Zeitalter des Menschen) ist, wissenschaftlich vielfach belegt, die Zeit des 6. Massenaussterbens auf unserem Planeten.
Gleichzeitig sind wir aber auf eine intakte Natur und Ökosysteme gesellschaftlich und gerade auch wirtschaftlich angewiesen. So haben Forscher im Auftrag des World Economic Forum (WEF) z.B. dargelegt, dass geschätzte 44 Billionen Dollar an wirtschaftlicher Wertschöpfung - mehr als die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsproduktes - mäßig oder stark von der Natur und ihren Leistungen abhängig sind. Würden zusätzlich Abhängigkeiten mit einbezogen (unsere Nahrungsmittelproduktion und somit unser aller Leben ist vollständig von Ökosystemleistungen und genetischer Vielfalt abhängig) wären es sogar 100 Prozent. Der Verlust der Natur ist für alle Unternehmen – in unterschiedlicher Ausprägung - von Bedeutung. Entweder direkt aufgrund des Wirtschaftens mit einem Naturprodukt oder einer Ökosystemleistung und/oder indirekt aufgrund potentieller Kosten durch Umweltdegradierung und zunehmender regulatorischer Maßnahmen. Somit ergeben sich Auswirkungen auf den Betrieb, die Lieferketten und die Märkte.
Das Thema Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme gewinnt somit gerade auch in der Finanzbranche zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt durch Verankerung als separates Umweltziel im Rahmen der EU-Taxonomieverordnung und zunehmend wachsende Anforderungen im Zusammenhang mit zukünftigen Pflichten im Kontext Nachhaltigkeitsberichterstattung.
„Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) kommt in einer seiner Problemanalysen zu dem Ergebnis, dass der Landnutzungswandel seit den 1970er Jahren, insbesondere durch Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und Ausbau der städtischen Infrastruktur, der größte Einflussfaktor auf die Biodiversität ist. Dieser Trend wird in den nächsten Jahren weiter massiv zunehmen“, so Pascal Bunk, Geologe und Biodiversity Manager bei Knauf Gips.
Die Knauf Gips KG ist ein Baustoffproduzent mit Sitz im unterfränkischen Iphofen. Herr Bunk, inwiefern nimmt Ihr Unternehmen Einfluss auf den Erhalt der Biodiversität?
„Knauf ist seit jeher ein familiengeführtes Unternehmen mit persönlich haftenden Gesellschaftern. Daher ist das Thema Nachhaltigkeit traditionell sehr hoch angesiedelt und biologische Vielfalt wird als zentrale Unternehmensaufgabe angesehen. Als Baustoffproduzent nehmen wir Einfluss auf die Biodiversität durch die Rohstoffgewinnung.“ Eine der Voraussetzungen zum Gelingen des EU Green Deals ist die Sicherstellung der Versorgung mit nachhaltigen Rohstoffen. Auch der Ressourcenverbrauch von mineralischen Rohstoffen wird in Zukunft weiter zunehmen. Um die damit verbundene Wertschöpfungskette so umweltschonend wie möglich zu gestalten, stehen Unternehmen vor großen Herausforderungen. „Bei der Bewertung der Umweltrisiken durch den Rohstoffabbau kommt es auf den konkreten Rohstoff an. Mineralische Rohstoffe wie Sand, Kies, Kalk, Ton und Gips werden rein mechanisch gewonnen, d.h. es gibt keinen Einsatz von Chemikalien, die zu Umweltverschmutzung führen können“, so Pascal Bunk.
Die Rohstoffgewinnung stellt in dieser Wertschöpfung das Haupthandlungsfeld zum Schutz der Biodiversität dar. Wie erfolgt das Biodiversitätsmanagement bei Knauf?
„Sie können sich den Prozess der Rohstoffgewinnung wie folgt vorstellen: Der Gipsabbau in einem Steinbruch ‚wandert‘ durch die Landschaft, wobei besonders schützenswerte Bereiche vom Abbau ausgenommen werden. Parallel zum Abbau wird bereits mit der Rekultivierung begonnen. Auf diese Weise schafft es Knauf, den temporären Landnutzungswandel durch die Rohstoffgewinnung so klein wie möglich zu halten. Gleichzeitig werden sogenannten Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt, die diesen Eingriff kompensieren sollen. Im Durchschnitt können wir den Anteil an naturnahen Flächen in der Landschaft durch Renaturierungsmaßnahmen dauerhaft um 15 Prozent erhöhen. Was viele nicht wissen: Steinbrüche haben ein hohes Potential zur Förderung der Biodiversität in den Kulturlandschaften Mitteleuropas, da sie selbst eine hohe Artenvielfalt beherbergen. Sie werden daher oftmals zu Naturschutzgebieten erklärt. Biodiversität muss also immer lokal betrachtet werden. Beispielsweise findet die Gelbbauchunke in Deutschland fast nur noch in Steinbrüchen ein Zuhause, weil die natürlichen Lebensräume nicht mehr existieren.“ In Europa und insbesondere in Deutschland existieren die weltweit höchsten Umweltstandards bei der Rohstoffgewinnung. Ein guter Anfang, findet Pascal Bunk. „Allerdings müssen auch Endverbraucher ein Verständnis dafür entwickeln, woher die Rohstoffe, die sie im Baumarkt kaufen, kommen.“ Die Rohstoffgewinnung in Entwicklungsländern ist demnach immer kritisch zu analysieren. „Außerdem ist es unseriös, pauschale Aussagen zur Rohstoffgewinnung zu treffen. Man muss immer auf den konkreten Rohstoff und das jeweilige Projekt schauen!“, so Pascal Bunk. Dann kann die Rohstoffgewinnung sogar einen positiven Beitrag für den Erhalt der Biodiversität, vor allem in Kulturlandschaften, leisten.
Die BayernLB setzt sich intensiv mit aktuellen Fragestellungen rund um das Thema Biodiversität in ihren Leitplanken der Transformation auseinander.
(Punkt 6.1 der Leitplanken der Transformation)
Im Rahmen von zahlreichen Aktionsplänen und mittels verschiedener Maßnahmen soll innerhalb Europas der Übergang zu einer kohlenstoffarmen und stärker kreislauforientierten Wirtschaft proaktiv gestaltet werden.
Hierunter fallen insbesondere der Schutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt - der Vielfalt des Lebens in all seinen Formen, einschließlich der genetischen, Arten - und Ökosystemvielfalt, und ihre Fähigkeit, sich zu verändern und weiterzuentwickeln. Diese sind von grundlegender Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung.
Neben dem Gesamtwert der biologischen Vielfalt für die Gesellschaft sind auch eine sehr hohe Anzahl an Unternehmen auf die Leistungen der Natur angewiesen.
Wenn die Geschwindigkeit des Rückgangs der biologischen Vielfalt anhält, bedeutet dies somit auch ein zunehmendes Risiko für die betroffenen Unternehmen. Auch die BayernLB wird sich diesen Herausforderungen stellen. Wir möchten, dass unsere Kunden nachhaltig wirtschaften und sich in ihren Branchen gut entwickeln können. Dies jedoch unter der Prämisse der Bewahrung unserer Natur und des natürlichen Lebensraums.
Die BayernLB muss sich der Herausforderung stellen, Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust von Biodiversität zu managen. Auf diesem Weg wollen wir unsere Kunden unterstützen und befähigen, ihre Geschäfte unter dem Erhalt und Schutz der Biodiversität führen zu können.
Die Knauf Unternehmensgruppe ist auch heute noch in Familienbesitz. Sie ist in über 90 Ländern vertreten und betreibt über 80 Rohsteinbetriebe sowie mehr als 300 Werke auf allen fünf Kontinenten. Weltweit vereinfachen Knauf Bausysteme das Planen und Bauen, bieten Komplettlösungen und Qualitätssicherheit. Der Name Knauf steht in vielen Ländern als Synonym für Gips. Die Knauf Gruppe wird von den Geschäftsführenden Gesellschaftern Alexander Knauf, Jörg Kampmeyer und Dr. Uwe Knotzer geführt. Die Gesellschaften der Gruppe beschäftigten im Jahr 2021 weltweit rund 40.000 Mitarbeiter:innen und erwirtschafteten einen Umsatz von 12,6 Mrd. Euro.